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Warum bezahlen? Kostenpflichtige Anleitungen und Interview mit Designerin Verena Cohrs

Warum bezahlen? Kostenpflichtige Anleitungen und Interview mit Designerin Verena Cohrs

Ein Thema, das bei uns im Laden oder auf Messen immer wieder aufkommt und uns auch im Internet häufig begegnet, ist die Frage, warum man für Strickanleitungen manchmal etwas bezahlen soll. 

Die Anleitungen, die wir bei wollen berlin selbst entworfen haben, sind meistens kostenlos und wir geben sie euch gern zusammen mit dem Garn, das ihr benötigt, um sie zu stricken. Doch wir stricken hin und wieder auch Modelle von anderen Strickdesigner_innen, die uns gefallen, und die wir uns gut mit einem unserer Garne vorstellen können - als Inspiration für Euch. Weil es toll ist, ein bestimmtes Garn verarbeitet zu sehen - es wirkt oft nochmal ganz anders als gewickelt oder auch als ein Probestück - und auch um zu zeigen, dass man online eine riesige Menge an tollen Mustern finden kann, wenn man weiß wo man suchen muss. Und natürlich um auf Strickdesigner_innen aufmerksam zu machen, deren Arbeiten wir toll finden. Auch von diesen Anleitungen sind einige kostenlos - manche andere hingegen muss man kaufen. 

Auf den ersten Blick mag das abstoßend wirken - man hat vielleicht schon einiges an Geld in Garn und Nadeln gesteckt und möchte eigentlich nicht unbedingt noch mehr ausgeben. Völlig in Ordnung, und zum Glück gibt es auf Seiten wie purlsoho.com, knitty.com, garnstudio.com oder initiative-handarbeit.de total viele Anleitungen, die nichts kosten (bei purlsoho und knitty nur auf Englisch, bei garnstudio und initiative-handarbeit auf Deutsch). Eine weitere Möglichkeit - zumindest wenn man schon fortgeschrittene Kenntnisse hat - ist natürlich, den nächsten Pullover oder Schal selbst zu entwerfen oder eine kostenlose Anleitung nach den eigenen Vorstellungen abzuwandeln. 

@Purl Soho - Bildschirmfoto 

Auch auf ravelry.com (einer Seite, auf der Stricker_innen und Häkler_innen sich sowohl austauschen als auch Anleitungen hochladen können) kann man viele kostenlose Anleitungen finden - und praktischerweise mithilfe von Filtern sogar gezielt danach suchen. Manche dieser kostenlosen Muster sind sehr ausführlich geschrieben, andere geben nur einen mehr oder weniger vagen Überblick über die Vorgehensweise und sind für Anfänger_innen vielleicht weniger geeignet. 

Die meisten Muster, die man auf ravelry findet, kosten allerdings ein paar Euros. Das liegt meistens daran, dass sehr viel Arbeit und Zeit in die Gestaltung geflossen sind. 

 @Ravelry - Bildschirmfoto

Um einen Einblick zu bekommen, wie viel Arbeit eigentlich in diesen umfassenden Anleitungen steckt, haben wir der Berliner Strickdesignerin, wollen Stammkundin und Kursleiterin Verena Cohrs (sustainablistco auf Instagram / verena-cohrs auf ravelry) ein paar Fragen über sich und ihre Arbeit gestellt.

(Interview ist in 2017 gemacht)

@ Ruta / wollen berlin

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Seit wann strickst du und wann hast du begonnen, eigene Stücke zu entwerfen?
Weil ich das große Glück habe, dass meine Mutter auch strickt, bin ich schon sehr früh mit dem Stricken in Berührung gekommen. Als Kind habe ich Puppenkleidung gestrickt, zwischenzeitlich hatte ich natürlich auch mal gar kein Interesse am Stricken, aber eigentlich begleitet es mich schon solange ich mich erinnern kann. Erste Stücke habe ich mit 19 oder 20 entworfen, viele Jahre aber nur für mich selbst. Seit dem Sommer habe ich mein eigenes Unternehmen und biete meine Designs zum Verkauf an (http://www.ravelry.com/designers/verena-cohrs).

 

Wie läuft dein Designprozess ab?
Sobald ich eine erste Idee habe, versuche ich das Bild vor meinem inneren Auge in einer Zeichnung festzuhalten und mache mir so viele Notizen wie möglich. Im nächsten Schritt konkretisiere ich diese Idee ist und notiere einzelne Elemente und Maschenmuster. Meistens stricke ich dann direkt ein Stück, um zu sehen, wie das Design auf den Nadeln tatsächlich aussieht, mit welcher Art von Garn es am schönsten zur Geltung kommt, und wie das gestrickte Stück fällt. Davon ausgehend passe ich das Design an und schreibe eine erste Version der Anleitung, bevor ich das Sample stricke.

 

Wie lange dauert es von der groben Idee bis zur fertigen Anleitung, die du zum Verkauf online stellst?
Natürlich kommt das sehr darauf an, um was für ein Kleidungsstück es geht, wie komplex das Design ist, und ob verschiedene Optionen und Größen angeboten werden. Einige Woche dauert der gesamte Prozess aber in jedem Fall. Für kleinere Projekte rechne ich etwa 6-8 Wochen, bei größeren Projekten kann der gesamte Prozess 16 Wochen oder mehr einnehmen.
Die ersten Schritte, also die Umsetzung der ersten Idee in eine konkrete Designidee, die Auswahl verschiedener Designelemente, die ersten Strickstücke, die Auswahl des passenden Garns und Änderungen am Design, dauern ungefähr 1-2 Wochen. Für die erste Version der schriftlichen Anleitung und der Musterdiagramme rechne ich etwa 2-3 Arbeitstage; je nachdem, wie aufwändig die Berechnung der verschiedenen Größen ist, auch länger. Im nächsten Schritt stricke ich eine erste Version des Designs und passe die Anleitung an, wenn notwendig, was abhängig von der Größe des Projekts zwischen einer und vier Wochen dauert.
Alle meine Anleitungen werden dann getestet; das bedeutet, dass jede angebotene Größe und Version einer Anleitung vor der Veröffentlichung von mehreren Leute zur Probe gestrickt wird, um sicherzustellen, dass die Anleitung fehlerfrei und verständlich ist und das fertige Stück ausfällt wie angegeben. Dafür rechne ich etwa 2-8 Wochen ein. Daraufhin wird die Anleitung nochmals gründlich überprüft und überarbeitet.
Für die finale Version der Anleitung müssen dann Fotos aufgenommen und bearbeitet werden. Zusammen mit dem Layout benötige ich dafür etwa 3 Arbeitstage, bevor ich die Anleitung dann zum Verkauf anbiete.

 

Wie kam es zur Entscheidung, deine Anleitungen zu verkaufen?

Mit dem Gedanken hatte ich schon seit einer ganzen Weile gespielt. Auch durch den Austausch mit anderen Designern, die ich über Instagram kennengelernt hatte, wurde mir dann immer klarer, dass ich das Designen nicht nur für mich selbst, sondern auch beruflich machen möchte. Und ich könnte nicht glücklicher darüber sein, dass ich diesen Weg nun gehe!

 

Strickst du selbst auch nach Anleitungen? Wenn ja, wo findest du sie und was sind momentan deine Favoriten?
Neben eigenen Designprojekten stricke ich auch sehr gern nach Anleitungen. Erste Ideen finde ich dabei oft über Instagram und die tollen Projekte, die dort gezeigt werden. Ich mag auch Zeitschriften wie amirisu oder pompom quarterly und Bücher wie zum Beispiel Home & Away von Hannah Fettig. Purl Soho und Brooklyn Tweed haben auch wunderschöne Anleitungen.

Wenn ich konkret auf der Suche nach neuen Anleitungen für ein bestimmtes Kleidungsstück oder Accessoire bin, schaue ich mich gern auf Ravelry um. Auf meiner Liste steht der Rosemont Cardigan von Hannah Fettig (http://www.ravelry.com/patterns/library/rosemont-cardigan, ca. 6,50€) ganz weit oben, zusammen mit den Pixel Stitch Socken von Purl Soho (http://www.ravelry.com/patterns/library/pixel-stitch-socks, umsonst). 

 

Woran arbeitest du gerade und was sind deine Zukunftspläne für thewoolclub?
Meistens habe ich mehrere Designs auf den Nadeln – im Moment arbeite ich an meinen ersten Pulloverdesigns und ein paar kleineren Projekten wie Mützen und Handschuhen. Noch im November werden ein Paar Handschuhe, ein Tuch und ein Paar Socken, die ich gemeinsam mit meiner Freundin Jess (jessica-gore auf ravelry) entworfen habe, veröffentlicht.

Ein Projekt, das mir außerdem ganz besonders am Herzen liegt, ist WOODS (www.making-stories.com), ein Buch, an dem ich gemeinsam mit meinen Freundinnen Hanna Lisa (www.hannalisahaferkamp.com) arbeite. Das Buch erscheint im November 2017 und wird ausgewählte moderne Strickdesigns verschiedener Designer zeigen, europäische Garnfirmen vorstellen und Tipps & Tricks rund ums Stricken erklären.

Große Freude habe ich auch an Workshops wie dem Socken-Workshop oder Pullover von Oben stricken Workshop, den ich im Wollen Berlin gebe, und an Veranstaltungen wie dem Berlin Yarn Crawl (www.berlinyarncrawl.de). In diesem Bereich möchte ich in Zukunft unbedingt noch mehr machen. Und möglicherweise bringt das neue Jahr auch noch andere spannende Projekte – ich freue mich auf alles, was kommt!

 

Wir danken Verena herzlich für das Interview und sind gespannt auf viele weitere tolle Designs!

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Linksammlung:

www.ravelry.com (mehrsprachig, auch Deutsch aber vorwiegend Englisch, kostenlose und kostenpflichtige Anleitungen)

www.purlsoho.com (Englisch, hauptsächlich kostenlose Anleitungen)

www.brooklyntweed.com (mehrsprachig, größtenteils kostenpflichtig)

www.garnstudio.com (mehrsprachig, kostenlose Anleitungen)

www.initiative-handarbeit.com (Deutsch, kostenlose Anleitungen)

www.knitty.com (Englisch, kostenlose Anleitungen)

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